• Schamrock Dichterinnen

Foto Igor Modic

Anja Golob (Slowenien / Slovenia)

* 1976 in Ljubljana. Dichterin, Autorin, Übersetzerin und Dramaturgin. Sie studierte Philosophie und vergleichende Literaturwissenschaften und hat bisher vier Gedichtbände veröffentlicht.

Ihr zweites Buch Vesa v vzgibi (Der gekrümmte Hang) gewann den Jenko Preis 2014.Im April 2016 wurde sie zur Teilnahme am "Literary Europe Live"-Projekt ausgewählt.

Sie ist Mitgründerin und Chefredakteurin des Verlags VigeVageKnjige.

www.anjagolob.org

*1976 in Ljubljana. Works as poet, writer, translator and dramaturg. She studied Philosophy and Comparative Literature in Ljubljana and has published four books of poetry.

Her second book Vesa v vzgibi was awarded The Jenko Prize in 2014. In April 2016 she was selected as part of the "Literary Europe Live"-project.

Co-founder and editor-in-chief of the publishing house VigeVageKnjige.

www.anjagolob.org

VČERAJ JE BILO VSE LEPŠE

Včeraj smo stanovali drugje in
nosili druge oprave,
nismo razmišljali o vremenu,
celo med smo pridelovali!
Svoje čebele smo v letu ločili
od sosedovih, okus njihovega medu
je vztrajal v zraku še dolgo
v temotno jesen. Včeraj nismo tratili
časa z razmišljanjem o času, ki
ga živimo, nismo tiho ždeli po kotih,
v dlaneh nismo stiskali kovanca kot
hostije … včeraj smo v ogledalu
prepoznali svoje obraze, svoje geste,
svoje misli in svoje besede. Bile so naše,
neodtujljive, nežne, a čvrste, v sklepih
gibljive. Nosile so naše ime.

Danes je sonce vzšlo pozno,
prepozno, da bi še mogli uiti nazaj
v včeraj, se pretvarjati, da tu,
kjer stanujemo zdaj, vse poznamo,
da natančno vemo, kako upravljati
s stroji, koga poklicati, ko pride do
požara, kje je bolnišnica, kje
pristanišče … Tu danes se nam zdi,
da imamo morda enega, toda eden je
natančno eden premalo, da bi zanj mogli reči,
da vsaj koga imamo.

Ker smo včeraj stanovali drugje,
smo tam pustili vse svoje premoženje;
tako zdaj tu, danes, nikakor ne moremo
pomesti pred lastnim pragom. Radi bi
na vrata napisali svoje ime, radi bi
utrdili nasipe, radi bi svojo kredo in
svojo smetišnico.
Tam-včeraj in tu-danes stojita drug ob drugem
kot popolna tujca v vrsti na letališču,
čakajoč, da se pepel poleže in se
vkrcata vsak v svoje letalo.
Tam-včeraj bo s potovanja prinesel časopis,
tu-danes škatlico vžigalic.
Počakali bomo, ne mudi se nam. Ko
se vrneta, bomo rešeni.

Tu, kjer stanujemo danes, bomo zakurili
droben ogenj. Z nerodnim plamenom bo
v trdo noč zlizal za nas
majavo brv

med Danes in Včeraj.

Gestern war alles schöner

Gestern wohnten wir anderswo und
trugen andere Sachen,
dachten nicht ans Wetter,
wir machten sogar Honig!
Unsere Bienen unterschieden wir am Flug
von denen des Nachbarn, der Geschmack
ihres Honigs hing noch lange in der Luft
des düsteren Herbsts. Gestern vertaten wir
die Zeit nicht mit Gedanken an die Zeit, die wir
lebten, wir hockten nicht still in der Ecke,
hielten keine Münzen in der Hand wie
Hostien … Gestern erkannten wir im Spiegel
unsere Gesichter, unsere Gesten,
unsere Gedanken und Worte. Sie gehörten uns,
unveräußerlich, zart, aber fest, beweglich
in den Gelenken. Sie trugen unseren Namen.

Heute ging die Sonne spät auf,
zu spät, um zurück ins Gestern
zu flüchten, so zu tun, als würden wir hier,
wo wir jetzt wohnen, alle kennen,
bestens wissen, wie man mit Maschinen
umgeht, wen man anruft, wenn es brennt,
wie man zum Krankenhaus kommt und wie
zum Hafen … Heute haben wir das Gefühl,
vielleicht Einen zu haben, aber Einer ist
genau einer zu wenig, um sagen zu können,
wir hätten überhaupt jemanden.

Weil wir gestern anderswo wohnten,
ließen wir dort unser ganzes Hab und Gut;
so können wir hier und heute nicht mehr
vor der eigenen Haustür kehren. Wir wollen
unsere Namen an die Tür schreiben, Dämme
festigen, wir wollen unsere eigene Kreide,
unsere eigene Kehrichtschaufel haben.
Dortgestern und Hierheute stehen nebeneinander,
zwei Fremde in einer Schlange am Flughafen,
die warten, dass die Asche sich legt und
jeder in seine Maschine steigen kann.
Dortgestern bringt von der Reise eine Zeitung mit
und Hierheute eine Streichholzschachtel.
Wir warten, wir haben es nicht eilig. Wenn sie
zurückkehren, sind wir gerettet.

Hier, wo wir heute wohnen, machen wir
ein winziges Feuer. Seine ungeschickte Flamme
leckt uns einen wackligen Steg
in die stockfinstere Nacht

zwischen Heute und Gestern.