• Schamrock Dichterinnen

Andrea Heuser (D)

*1972 in Köln, lebt heute mit ihrer Familie in München. Sie studierte Deutsche Literatur, Vgl. Religions- und Politik-wissenschaften in Köln und Bonn. Sie promovierte mit der Studie "Vom Anderen zum Gegenüber" zur deutsch-jüdischen Literatur, erschienen 2011 im Böhlau-Verlag.

Literarische Arbeiten in den Bereichen Lyrik, Prosa und Musiktheater. 2008 erschien ihr Lyrik-Debüt "vor dem verschwinden" bei onomato (Düsseldorf), für das sie mehrfach ausgezeichnet wurde.

2012 wurde "All diese Tage", die sechste Oper, zu der Andrea Heuser das Libretto schrieb, an der Oper Bremen uraufgeführt (Musik: Moritz Eggert).

2014 erscheint "Augustas Garten", ihr erster Roman bei DuMont (Köln).

 

*1972 in Cologne, lives with her family in Munich. She studied German literature, comparative Theology and Political Sciences in Cologne and Bonn. PhD about German-Jewish literature.

Literary works in the fields of poetry, prose and music theatre. In 2008 she published her poetry debut "vor dem verschwinden" at onomato (Dusseldorf), for which she won several awards. In 2012 "All diese Tage", was first performed at the Bremen Opera (music: Moritz Eggert), the sixth opera Andrea Heuser wrote the libretto for. In 2014 her first novel appears, "Augustas Garten", at DuMont (Cologne).

entsicherte landschaft
Miniaturen*

 

                                    dunkelkammer

0.

TRÄUMEN rapid eye
movement, wie ein vogel flöge
in die entsicherte landschaft
spreizen, das hirn weit, weiter
bis das denken zerstiebt
sperrig das ufer
federn, bleiche                                                    
lichtbrechende pfützen
pulsierend nur der rand der aussicht
der sich ins vage verliert
der schmale streifen meer 
solider als der zögerliche himmel
der geile, tote salzgeruch unter
schwindender sonne

                                    flatline - -

und das herz, der vogel schreit
sanfter, unerreichbarer körper
blass krallen sich finger
ins unterbelichtete

I.                                   nacht in amsterdam

INSIDE. der moment, der sich
aufs blinzeln versteht
sachter verlust der gestalt
im heben und senken der lider
dasein um dasein ins zwielicht gerückt

was ungelebt schlief ergreift nun die stadt
füllt ihre schächte mit zärtlichem blau

sieh, sieh nicht – lass uns so
lass uns erzittern
lass uns ungereimt sein


VI.                                   abflughalle (I)

WENN, wir werden uns
auf duldsamerem boden
auf einem, der standpunkte
zulässt, der uns aufnimmt
wie die fläche einer hand
als schemen zueinander neigen
vom werden
werden wir sprechen

wenn, halte dies fest
dies eine: wenn,

VII.                                   abflughalle (II)

WÄRE ES möglich den morgen
zu betreten
wie die böden der städte

wäre es möglich, spur zu sein
dem moment, dem zögernden erröten

unsere schritte wären
von anderer art, möglich
dass so etwas bliebe, jenseits


IX.                                   meer (II)

NICHTS holt 
die sicht ein
 
pflock um pflock

der schaum spült fort
was einmal war, wir

als wäre verlust nur hier
und jetzt möglich

dies meer ist kein meer


X.                                    kreidetafel, verwischt

NOTIZ. halten
einen augenblick lang
behalten, worüber wir einst
bei gelöstem licht sprachen

einmalige gelegenheit schwarz auf weiß
den atem der milchstraße zu beschreiben
und etwas wichtiges
fast zu wissen

 

*Der Zyklus wurde inspiriert von den Fotoarbeiten des Künstlers Johannes Klinger und ist zu dessen Bildern entstanden