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___Festival 2018________Europe_Inside_/_Outside________Wien 24_10 | München 26-28_10

Kateryna Kalytko
(Ukraine)
Samstag, 27. Oktober, 14.30 Uhr
whiteBOX München

*1982 in Winnyzja, Ukraine, Schriftstellerin, Übersetzerin, Mitglied des ukrainischen PEN-Zentrums.

Sie verfasste sieben Gedichtbände, zuletzt Folterbank, Weinberg. Haus, 2014 und Bunar, 2018. Ihr Band Land der Verlorenen mit neun Gruselgeschichten erschien 2017. Ihre Texte wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Auszeichnungen zuletzt: Joseph-Conrad-Literaturpreis 2017, BBC Ukraine – Buch des Jahres 2017 (für das Buch Land der Verlorenen).

Schwerpunkt Ukraine | Focus Ukraine

*1982 in Winnyzja, Ukraine, writer, translator, member of the ukrainian PEN Centre.

She published seven poetry books, latest: Folterbank, Weinberg. Haus, 2014 and Bunar, 2018. Her book Land der Verlorenen of nine scary stories appeared in 2017. Her writings have been translated into various languages.

Latest awards: Joseph-Conrad-Literaturpreis 2017, BBC Ukraine – Book of the Year 2017 (for Land der Verlorenen).

Sevdah

Aus den seltenen Schallplatten, die er vor seiner Abreise verschenkte,
schnitten sich die Jungs Plektren, die Nachbarinnen formten Blumentöpfe daraus.
Nie wieder spielt jemand in diesem verträumten Haus die Platte, zu deren Musik Papa und Mama ihn machten. Als er sieben war, begann er Fußball zu spielen,
Steil flog der Ball über´s Feld.
Die Knie aufgeschlagen, Kratzer an den Armen.
Ein wilder Blick, in dem Verlangen und Unruhe steckt. Ein zerschlagenes Fenster beim Nachbarn.
Ein strenger Vater mit Prinzipien.
Nach nochmal sieben Jahren lief er ständig von zu Hause weg.
Dann brach man ihm zum ersten Mal die Nase und jemand schlitzte seine Wange. In den tauben Mauern des Viertels flog nachtnächtlich,
wie Splitter einer zerschlagenen Nuss der Tod umher. Hier baute und verkaufte man noch diese Leuchter,
du weißt schon, die goldfarbenen mit dem bunten Glas, wo man hinter ein Türchen eine Kerze stellt,
die dann zum Opferfest angebrannt wird.
Wie ein Mensch auf dem Krankenbett auf Heilung wartete er auf´s Erwachsensein, Doch sein erster Schritt in die Welt glich, ausgerechnet, einem Stück Würfelzucker, das sich am Boden der Kaffeetasse absetzt und verdickt.
Dann kehrte er heim, gab der Mutter einen Kuss, reichte ihr artig Sahlep¹ und blinzelte wie einst,
dann schnitt er Salat, kaufte Halva, schon wieder ein Opferfest.
Hinter dem angekippten Fenster flackerte der Leuchter!
Und dann ist nichts, nichts mehr. Der Ball schwimmt den Fluss hinab.
An der Mauer zum Nachbarhaus, zwischen zwei Fenstern, traf die tödliche Kugel.
Und nur noch das farbenprächtige Flackern des fernen Leuchters lügt aus der gebrochenen Zeit seinen unartigen Schatten herbei. Klein, dünn, auf der Schulter die Gitarre,
und mit langem Haar, pflückt der Schatten frühe Äpfel, er ist gerade siebzehn Jahr. Rotbraune Güterwaggons kriechen über den Wall,
wie zähes Karamell zwischen den Zähnen.
Das Herz zieht sich zusammen und es brummt gewaltig. Die Stadt fiebert in der Nacht. Im Licht verrinnt die Zeit. Feiertag, Licht und Gaben.
Aus der Musik, die am Abend seiner Zeugung lief,
wächst bei Tante Zeynja auf dem Fensterbrett ein Mandarinenbäumchen.

 

¹ Sahlep – Ein in der Türkei und auf dem Balkan verbreitetes Getränk aus Orchideen

Севда

Роздані ним перед від’їздом раритетні вініли
хлопчиська пустили на медіатори, сусідки поплавили на вазони.
Більше ніколи не гратиме в домі сонному платівка, під яку тато й мама його зробили.
У сім він ганяв у футбол, і м’яч котився донизу стрімким узвозом.
Коліна збиті, задирки на руках. Дикуватий погляд – виклик і непокора. Розбите вікно в сусіда.
У батька вдача сувора.
Іще плюс сім – і звичка з дому тікати,
і вперше зламаний ніс, і на щоці глибокий поріз.
Щовечора між оглухлих стін кварталу смерть розлущувалася, як горіх.
А ще тут робили і продавали золоті, з кольоровим склом ліхтарі,
знаєш, такі, щоб запалювати на Байрам – відкрити дверцятка, всередину свічку поставити.
Він вбивався в палки нетерпляче, як здирають кірку із ран, він розчинявся у світі, мов кубик цукру у каві,
і – треба ж – на дні загус. Повернувся, цілує маму,
дбайливо приносить їй салеп*, кліпає, як у дитинстві, ріже салат, купує халву, а ось уже і Байрам.
У вікні, що на схилі – ліхтарик. Так мерехтить!
І тільки – нічого, нічого вже. М’яч по річці пливе.
У сусідській стіні між вікнами засіла намертво куля. І тільки далекий ліхтарик: барвисте його мерехтіння виманює із розламини часу його неслухняну тінь
з гітарою на плечі, невисоку й тонку.
Тінь має волосся довге, сімнадцять років, тінь ранні яблука рве. Товарняки руді переповзають насип,
тягучі, мов карамель між зубів. Тоскно утробно гарчать.
Ніч, а місто кипить. Кольором сходить час. Свято, світло, дари.
Із музики, що звучала у вечір його зачаття.

***

Eine Dienstwohnung mit Blick auf den Gefängnishof, Krank das Kind. Sie sind in allem, wie alle sind.
Spät am Abend, wenn der Junge im Bett ist und das letzte Geschirr gespült, Wenn die Stadt verstummt in zuckersüßer Stille,
und nur im Blechtrog zwei kleine Fische plätschern,
und irgendwo im dunklen Hausflur ein dummes Kätzchen weint,
Dann sitzt sie und denkt: Ach, mein Mann steigt tagtäglich aus unserem Paradies in die Hölle hinab,
Zu all diesen schmutzigen Kerlen im Knast.
Er ist ein Heiliger, ihre streichelnde Hand fürchtet den Glanz um sein Haupt. Im Sommer ins Dorf, der Kleine kränkelt dieses Jahr sehr,
Die Schuhe müssen repariert werden und Borschtsch gekocht … Er aber
schlägt, gerade als sie einschläft, jemandem die Zähne aus, trinkt mit seinem Partner nach der Schicht müde Schnaps, Und sagt: Ich will nicht nach Hause, dort ist diese dumme Alte. Der Kleine ist schon wieder krank. Das ist die Hölle.

 

Übersetzung: Kati Brun

***

У них службова квартирка – вікна у двір тюрми, і хвора дитина у них, і все у них, як у всіх.
Пізно ввечері, коли хлопчик спить, а посуд останній помито, коли застигає місто в цукровій тихій красі,
у тазику голосно хлюпаються дві рибини живі, а десь у під’їзді плаче дурне кошеня сліпе, вона сідає і думає: от, її чоловік
щоранку виходить із раю і спускається в пекло.
А там ці урки брудні, а в нього ж такий ореол
світлий довкола, що страшно часом гладити по голові, на літо треба в село – малий цього року кволий,
треба туфлі в ремонт. Борщу наварити… А він
саме комусь вибиває зуби, поки вона засинає,
з напарником після зміни ковтає горілку втомлено і каже: Не хочу додому. Там ця баба дурна
і знову малий хворіє. Пекло, коротше, вдома.