lyrik
Ursula Teicher-Maier __ Mann und Frau nachdem sie die Pläne hinter sich gelassen haben //
Manche Finger müssen vertont werden // Wie Undine allmählich das Sprechen verlernt


Mann und Frau nachdem sie die Pläne hinter sich gelassen haben


Die Frau hat die Bahngleise
Zur Richtschnur ihres Handelns gemacht
Sie liebt diese Art am Horizont 

Schmaler zu werden und gleich
Zeitig zu verschwinden. Ihr Mann
Zieht es vor mit den Ellenbogen 

Auf dem Gartenzaun zu reiten er spürt
Die Erschütterung durch die Züge am liebsten
In den zarten Musikknochen 

Dies lässt ihn ahnen was der Motor für Bewegung ist 

Und das Kreischen des Fahrtwinds
Erscheint ihm wie ein tausend Jahre altes
Echo von etwas das er bisweilen 

In der Stimme seiner Frau hört wenn
Ihre Augen zu sagen scheinen: einer wie du
Könnte das Leben nur mit der Ferse verstehen

___________________________________________________________ursula teicher-maier


Manche Finger müssen vertont werden  


Einer Frau fällt nichts Besseres ein als
Den eigenen Finger mit Grazie zu tragen 

Sie bekommt drei Kinder nur zu seiner Bewunderung
Und spitzt ihn jeden Morgen vor dem Spiegel wie den schärfsten 

Rotstift während wir Anderen damit beschäftigt sind das Leben
Unseren unbekannten Körpern anzupassen zeichnet sie 

Mit ihrem Finger Geschichten in die Luft und streicht sie durch
Und ihre Katze Lucy genannt folgt jeder Bewegung mit dem Kopf 

Sie glaubt ihr alles auch diese Tage ohne Nahrungszufuhr denn
Der Himmel beginnt für Lucy bereits über der Dose mit den Diamanten 

Wir Anderen fragen uns bisweilen ob wir mit unseren Tampons
Mehr in die Öffentlichkeit gehen sollten schießen beispielsweise 

Doch der Anblick unserer hinter ihrem erhobenen Finger
Gealterten Lehrer lässt uns still sein wie Lucy und 

Den Himmel mit den Nackenhaaren suchen

___________________________________________________________ursula teicher-maier


Wie Undine allmählich das Sprechen verlernt  


Eine Frau benutzt die kurze
Spanne ihres Lebens um
Das Meer kennen zu lernen 

Sie legt sich sogar einen Flossenschwanz zu
Und knickt den Herren nachts
Heimlich die Harpunen ab 

Sonntags singt sie La Mer
Und fühlt sich dabei verwandt
Mit dem Regen und den Steinen 

Die im Verborgenen feucht sind
Natürlich weiß sie längst wie das Salz ins Meer kommt
Und der lidlose Blick von Fischen 

Ist ihr vertraut wie der eigene Gesang
Der jeden Tag ein bisschen leiser wird
Um schließlich nur noch von der großohrigen Nacht 

Und einem toten Dichter gehört zu werden
Welcher wie sie im Wasserspiegel
Die Geburt von Worten wieder erkannte