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Schamrock-Festival 2016 - Press

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Süddeutsche Zeitung, 26. Oktober 2016
Ein großes Fest

Augusta Laar über Lyrik von Frauen.

Das erste Schamrock-Festival 2012 hatte drei Veranstalterinnen. Zwei Jahre später waren es noch zwei. Inzwischen leitet die umtriebige Autorin Augusta Laar, auf deren Initiative das Festival auch zurückgeht, das dreitägige Forum für 50 Dichterinnen aus 17 Ländern in der Pasinger Fabrik allein. Und beharrt trotz des immensen Aufwands darauf, dass sie aus dem Treffen viel Kraft zieht.

SZ: Sieht so aus, als wäre Ihr Festival tatsächlich in München angekommen. Kulturreferent Hans-Georg Küppers hat sich erstmals zur Eröffnung angesagt.

Augusta Laar: Das freut mich sehr. "Schamrock" ist schließlich weltweit das einzige internationale Festival, das es für Lyrikerinnen gibt. Und es wächst kontinuierlich, auch weil sich viele Dichterinnen bei mir melden und dabei sein wollen.

"Der schlimmste Fehler von Frauen ist ihr Mangel an Größenwahn". Mit Irmtraud Morgners berühmtem Satz haben Sie 2010 die Situation der Dichterinnen beschrieben. Sind die Lyrikerinnen inzwischen selbstbewusster geworden?

In Deutschland auf jeden Fall. Da gibt es doch einige, die inzwischen sehr weit gekommen sind wie Nora Gomringer, Anja Utler oder Ulrike Draesner, auch wenn sie vielleicht nie den Nobelpreis erhalten werden.

Und abseits der bekannten Namen?

Generell haben in Europa Preisträgerinnen die besseren Chancen. Schade ist, dass die Verlage, die Lyrik herausgeben, immer weniger werden. Außerdem gibt es kaum Rezensenten für Lyrik, dadurch wirkt die Literaturkritik allmählich fast inzestuös. Ein Lyriker rezensiert den anderen und das hauptsächlich im Netz, kaum in andren Medien. Das Festival ist daher ein wichtiges Forum, um Lyrik zu diskutieren.

Nach welchen Kriterien haben Sie die eingeladenen Dichterinnen ausgewählt?

Die Gedichte müssen mir gefallen, ganz persönlich. Ich höre mir alles an. Da sind internationale Stars dabei wie die amerikanische Dichterin und Sängerin Lydia Lunch. Aber auch andere, weniger bekannte Frauen. Ganz wichtig: Es müssen verschiedene Dichtergenerationen sein. Für meinen Geschmack haben wir übrigens noch zu wenig Dichterinnen, die nicht aus dem Literaturbetrieb kommen. Gute Texte müssen nicht unbedingt aus dem akademischen Bereich stammen.

Behauptet das jemand?

Es ist tatsächlich schwierig, Lyrikerinnen zu finden, die Schreiben nicht am Literaturinstitut gelernt oder einen akademischen Hintergrund, zum Beispiel als Germanistinnen, haben. Dichterinnen "von der Straße" findet man in Deutschland kaum, in Österreich oder Südamerika ist das anders.

Sie haben vier Länderschwerpunkte. Warum ausgerechnet diese vier?

Die Griechenlandkrise war der Auslöser für unsere Entscheidung, Griechinnen einzuladen. Indien hat sich eher zufällig ergeben, weil ich auf einem Festival in Indien Rati Saxena kennenlernte. Sie ist ganz außergewöhnlich, ob als Frau, Dichterin, Sanskrit-Gelehrte oder Organisatorin eines eigenen Lyrik-Festivals. Ist ja alles in Indien nicht so einfach für eine Frau, aber sie zieht das durch. Sehr beeindruckend.

Und Lettland?

Das hängt mit Liāna Langa zusammen, die wir ebenfalls in Indien trafen. Mein Mann ist halb Lette und halb Este. Seine Eltern lernten sich nach dem Krieg in Gauting im Lungensanatorium kennen. Er sprach Liāna Langa auf Lettisch an, daraus entwickelte sich eine Freundschaft und unser Programmschwerpunkt mit drei Autorinnen und einer Musikerin.

Fehlt noch Indonesien.

Den Schwerpunkt betreut meine ehemalige Mitveranstalterin, die Kulturvermittlerin Sarah Ines Struck. 2015 hat sie Dorothea Rosa Herliany, damals Gast auf der Frankfurter Buchmesse, für eine Lesung nach München eingeladen. Ich finde es spannend, Einblick zu erhalten in eine Gesellschaft mit über 50 Sprachen, die geografisch ganz unterschiedliche Regionen aufweist, aber auch von diversen religiösen Konflikten gekennzeichnet ist.

Wirkt sich die jeweilige Nationalität aufs Schreiben aus?

Sehr stark. In Indien und Indonesien ist die direkte körperliche Erfahrung ganz wichtig in der Lyrik. Das ist bei uns weniger ausgeprägt. Der weibliche Körper wird vielleicht von Männern besungen, aber dass Frauen wirklich über ihren Körper schreiben, ist eher selten.

Haben Sie Länder gefunden, in denen Frauen nicht dichten?

Ich glaube, dass Frauen überall Gedichte schreiben. Die Frage ist eher, ob es ihnen gelingt, nach außen sichtbar werden. Dabei brauchen sie Hilfe, das ist mein Ansatzpunkt und liefert mir den Antrieb, ständig nach schreibenden Frauen zu suchen.

Ein Festival mit mehr als 50 Dichterinnen zu organisieren, ist ein logistischer und finanzieller Kraftakt, der viel Zeit kostet. Kommen Sie noch zum Schreiben?
Ich habe jetzt sogar mehr geschrieben als früher, heuer ein Buch herausgebracht und 2017 erscheint das nächste. Aber tatsächlich inspirieren mich das Festival und die internationalen Begegnungen sehr. Nur: Man muss dafür brennen, sonst wäre die Belastung zu groß.

Vielleicht sind Sie einfach die geborene Organisatorin und Vermittlerin?

Möglich, aber das wusste ich vorher nicht. Das hat sich so entwickelt. Ich bin inzwischen sehr viel unterwegs, auf vielen Festivals präsent. Entscheidend ist das Netzwerken. Das Festival ist auch eine Kontaktbörse, bei der sich viele Anknüpfungspunkte ergeben. Zum Beispiel für Autorinnen aus Osteuropa, die im englischen oder deutschsprachigen Raum veröffentlichen wollen und sonst wenig Chancen haben, auf sich aufmerksam zu machen.

Angesichts der Konzerte im Programm: Von Genregrenzen halten Sie nicht viel?

Ich habe einen erweiterten Lyrikbegriff. Für mich sind die Grenzen fließend zwischen Dichtung, Musik und bildender Kunst. So gesehen ist das Festival eine einzige große Kunstinstallation, aber auch ein großes Fest, das wir zusammen mit dem Publikum feiern wollen.

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